Aus der Geschichte der Wachauer Kirche
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Der Standort Wachau – Eine bewegte Geschichte
Die Pfarrkirche von Wachau wurde erstmals im Jahr 1393 urkundlich erwähnt. Bereits 1465 erhielt sie vermutlich eine in diesem Jahr gegossene Glocke. Bis zum frühen 16. Jahrhundert gehörte Wachau zum Kloster Buch in Grimma. Ab 1580 wurde die Wachauer Kirchgemeinde als Schwesternkirche von Cröbern geführt und von einem in Cröbern ansässigen Pfarrer betreut.
Die Geschichte Wachaus ist eng mit den Ereignissen der Völkerschlacht von 1813 verknüpft. Rund um Wachau und andere Orte im Leipziger Südraum fanden jene entscheidenden Kämpfe statt, die letztlich zur Niederlage Napoleons führten. Zahlreiche Gedenksteine in der Region erinnern bis heute an diese historischen Ereignisse.
Bis 1972, als Cröbern dem Braunkohletagebau weichen musste (heutiges Gebiet des Markkleeberger Sees), war Wachau weiterhin an Cröbern gebunden. Auch Wachau selbst war von der geplanten Abbaggerung bedroht – ein Vorhaben, das erst durch die Wende von 1989 verhindert werden konnte.
Heute ist Wachau Teil einer gemeinsamen Kirchgemeinde mit Probstheida, Störmthal und Güldengossa.
Von einer prächtigen Kirche zur romantischen Ruine
Die Wachauer strebten immer wieder danach, eine eigenständige Kirche mit eigenem Pfarrer zu haben, anstatt weiterhin vom Cröberner Pfarrer mitversorgt zu werden. Besonders ab 1860 wurde dieser Wunsch erneut intensiv verfolgt. Zwar blieb ihnen ein eigener Pfarrer aus Kostengründen verwehrt, doch wurde schließlich ein Neubau der Kirche beschlossen. Die alte Kirche war durch die Völkerschlacht schwer beschädigt worden und befand sich in einem schlechten Zustand.
Ein Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben, woraufhin die alte Kirche abgerissen wurde. Der Leipziger Konstantin Lipsius gewann den Wettbewerb und erhielt 150 Taler für seinen Entwurf. Lipsius, der später auch an der Peterskirche in Leipzig mitwirkte, entwarf ein beeindruckendes Bauwerk im neogotischen Stil, dessen Errichtung 1865 begann. Bereits 1867 wurde die neue Kirche feierlich eingeweiht. Mit ihrem 65 Meter hohen Turm galt sie als die höchste Kirche im Leipziger Umland. Reisende, die aus südlicher Richtung auf Leipzig zukamen, konnten den Turm schon von Weitem erkennen.
Doch das Bauwerk stand unter keinem guten Stern. Verschiedene Ereignisse, die sich im Laufe der Jahre wie ein unheilvolles Mosaik zusammensetzten, führten dazu, dass der Turm heute nur noch die Hälfte seiner ursprünglichen Höhe misst und die Kirche als eine romantische Ruine zurückgeblieben ist.
Bereits im Einweihungsjahr zerstörten orkanartige Stürme alle vier Spitztürmchen (Fialen). Erhaltungsarbeiten waren immer wieder erforderlich, doch die Schwierigkeiten häuften sich.
Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Kirche erhebliche Schäden. Bronzeglocken mussten an die Rüstungsindustrie abgegeben werden. Ein Luftangriff im Dezember 1943 zerstörte das Kirchendach und zerbarst viele Bleiglasfenster. Im Februar 1945 trafen amerikanische Brandbomben den Turm und die Sakristei.
Eine umfassende Reparatur war nach dem Krieg nicht möglich. Die Mangelwirtschaft der DDR, eine kirchenfeindliche Haltung und fehlende finanzielle Mittel verhinderten jede Sanierung. Wind und Regen setzten der Kirche weiter zu. Im Jahr 1956 wurde das letzte Paar in der Kirche getraut; danach fanden Gottesdienste nur noch im Gemeindehaus statt.
Ein Blitzeinschlag im Juli 1974 verschärfte die Situation. Im April 1975 wurde der Turm aus Sicherheitsgründen abgerissen. Die Trümmer wurden auf das Gewölbe des Kirchenschiffs geschüttet, das unter der Last schließlich zusammenbrach. Dabei gingen großartige Figurenschmuckelemente, Wasserspeier und Blattwerk unwiederbringlich verloren.
Wie durch ein Wunder blieben jedoch das alte Uhrwerk sowie die kleinste und älteste Glocke von 1465 erhalten – sie läutet bis heute.
Der Herbst 1989 markierte einen Wendepunkt. Die Kirchenruine wurde unter Denkmalschutz gestellt und Fördermittel zur Erhaltung bereitgestellt. Mit Unterstützung der Kirchlichen Erwerbsloseninitiative sowie ortsansässiger Firmen gelang es der Kirchgemeinde, das Kirchenschiff zu beräumen. Zwischen 1995 und 1997 wurde die Ruine gesichert, Altar und Taufstein saniert. Im Mai 1997 fand ein feierlicher Gottesdienst zur Wiedereinweihung statt.
Seitdem erstrahlt die Kirchenruine als besonderer Ort für Gottesdienste, Konzerte, Theateraufführungen und Feiern. Ein jährlicher Weihnachtsmarkt in und um das Gebäude rundet das Jahr stimmungsvoll ab. Spontane Besucher sind stets willkommen – die Türen der Ruine stehen täglich offen.
Die Ruine ist heute Teil der Kirchgemeinde Probstheida – Störmthal – Güldengossa.
Weitere Informationen finden Sie auf www.kirchenquartett.de